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Dienstag, 26. August 2014

Führ mich zum Schotter - vom Mt. Kazbek bis zum Schwarzen Meer

İmmer noch alleine...

Von deutschen Weltenbummlern bekam ich vor einem Monat am Turtle Beach in Anamur Endurotipps für Georgien. Nun, rund 6000km spaeter, war es soweit und ich machte mich auf den Weg zu einer 50km langen Empfehlung. Diese Passstrasse waere laut Karte die perfekte Verbindung vom unbedeutenden Kaff Telavi zu der wohl sehenswertesten Region Georgiens rund um den Mt. Kazbek (5047m). Haette ich gewusst, was mich erwartet, haette ich vielleicht einen 200km langen Umweg in Kauf genommen, denn nach wenigen Metern bewegte ich mich nur noch auf vereinzelten Asphaltflecken, bis die Fahrbahnbeschaffenheit endgültig einem ausgetrockneten und zerfurchten Flussbett glich. İch habe normalerweise kein Problem mit Schotter, aber Kornfraktionen von 63-200mm (für die Kulturtechnik-Freaks: Steine), bei mindestens gleich tiefen Spurrillen und steilen Auf- und Abfahrten, stellen auch für eine vollbeladene Enduro ein gewisses Problem dar. Da mich am Ende dieser Passstrasse kein Doktor und auch kein Mechaniker in Empfang nehmen sollte, musste ich mich und meine Maschine mensch- und materialschonend durch diese Hardenduropiste für Anfaenger manövrieren - einige Abschnitte machten Spass, die meisten anderen jedoch waren eine einzige mühselige, ruppige Qual voller Staub, Sand, Stein, Matsch und vorallem Schweiss! Bis auf die Verbesserung meiner Fahrkünste ist nichts passiert und wie so oft auf dieser Reise, wird man nach schwierigen Etappen belohnt. So fand ich mich nach anstrengenden Stunden auf dem georgischen Military Highway wieder, der mich "gaensehautreibend" zum höchsten Berg des Landes bringen sollte. Was für eine Strecke, was für eine Umgebung! Eine 100km lange, meist gute Trasse, führt vorbei an rauschenden Gebirgsbaechen, vorbei an einem beeindruckenden Stausee und vorbei an dutzenden auf der Strasse herumlungernden Kuhherden, die nur darum betteln, von einer Honda zermschmettert zu werden. Die Passstrasse windet sich in den tiefsten Kaukasus, wird flankiert von 3000-5000 Meter hohen Bergen, sattes gruen links und rechts, und zum Abschluss dieser genialen Fahrt wird man von der mit Schnee und Eis bedeckten Spitze des Mt. Kazbek begrüsst - bei Kaiserwetter ein einziger Genuss!
Zudem war es der Tag der Einladungen. Waehrend einer ausgedehnten Pause an einem Gebirgsbach wurde ich von einer azerbaidschanischen Familie mit allerlei Köstichkeiten beschenkt, am Abend versorgten mich iranische Urlauber mit Speis und Trank Saft und für einen alkoholischen Absturz bis tief in die Nacht darf ich mich bei polnischen Kollegen bedanken. Schotterpiste, Mt. Kazbek und all die netten Menschen in nur 12 Stunden - Tage wie diese vergisst du nicht!
Der naechste Morgen versprach Aehnliches - perfektes Wetter und angenehm warme Temperaturen im Gebirge. Ein idealer Tag um die naehere Umgebung zu erkunden. Alukoffer, Gepaeck und Motorradjacke wurden schön brav im Guesthouse zurückgelassen, schon ging es leicht verkatert los zum wohl bekanntesten Motiv Georgiens, der Tsminda Sameba Kirche. Die Piste ist noch schlechter als die vom Vortag, aber ohne Vollbeladung relativ laessig zu bewaeltigen. Die Schönheit dieses magischen Ortes wurde einigermassen auf Foto festgehalten und die Begegnung mit russischen Bikern sowie das Wiedersehen mit meinen polnischen Freunden der letzten Nacht, machten diesen Moment noch spezieller. Hier wurde ich bei einem kalten Taesschen Wasser in den Transalp Club Russland aufgenommen, hörte wiedereinmal dutzende male, dass Putin ein "Schwein" ist und trank zudem aus einem Jungbrunnen. Schnell, aber von nun an unsterbich, trennten sich unsere Wege wieder. İch fuhr wieder hinab, bog in irgendein Seitental ein und kehrte erst um, als ich das Ende einer sensationellen Gebirgsschotterstrasse erreicht habe. Überall dort, wo andere Touristen hinwandern, klettere ich in diesen Tagen mit meiner Enduro hinauf - der Lazy Man's Way besiegt sie alle!
Am Abend hiess es Abschied feiern. Waehrend sich die Maedels im Mini Market mit Tampons eindeckten, besorgten die Herren der Schöpfung eine dieser besorgniserregenden 5 Liter Plastikflaschen, prallgefüllt mit Wein - Georgiens "hochqualitativer" Nektar und Ambrosia, an jeder Ecke für 8 Euro zu erwerben. İn meiner naechsten Erinnerung sitze ich auch schon wieder vollbepackt auf meinem Motorrad und ja, es ging mir richtig schlecht! Leicht benommen liess ich die höchsten Berge Georgiens hinter mir und fuhr einfach drauf los, ohne Ziel. Nachdem ich den Military Highway zurückgeschossen bin, las ich irgendwo in öder Pampa "Batumi 395km". Diese Stadt liegt am Schwarzen Meer und ich hatte Lust auf ein Kontrastprogramm, also nichts wie hin, ich will planschen! Die Fahrt im wilden georgischen Verkehr war an diesem Tag extrem mühsam und nahm aufgrund eines schweren Gewitters 50km vor Batumi beı Anbruch der Dunkelheıt ein Ende. So komplettierte ich die 3 Seen-Runde (Mediterranean Sea, Caspian Sea, Black Sea) erst am naechsten Morgen und wie es der Zufall wollte, machte ich nach meinem ersten Mc Donalds Besuch auf mittlerweile 8000km die naechste schicksalhafte Bekanntschaft. Drei gleichaltrige ukrainische Urlauber waren begeistert von meiner İdee plus Umsetzung und luden mich ein, den Tag mit ihnen zu verbringen. Natürlich hatten sie einen geaechteten 5l Kanister im Gepaeck und ich nichts Besseres zu tun. Schnell wurde von georgischen Maedels eine Unterkunft organisiert und der Strand bis 6 Uhr morgens nicht mehr verlassen. Am naechsten Tag war ich bemüht, jegliche Bewegung zu vermeiden, klare Sache, Rest Day! (23.08.2014)

Leider gab es von Andal zu diesem Zeitpunkt noch immer keine guten Nachrichten, Die Motor- und Zollgeschichte zog sich weiter in die Laenge und so blieb mir nichts anderes übrig, als alleine in die Türkei weiterzuziehen. Derzeit grase ich beinahe die gesamte Schwarzmeerküste ab und mache seit 2 Tagen Strandurlaub auf der kleinen Halbinsel Sinop. Flexibilitaet in meiner Routenplanung ist mir kaum gegeben, da Andal die Strassenkarte hat und ich nur lausige, lückenhafte Fotos davon besitze. Wenn ich kein Meer mehr sehe und mein Kompass nicht mehrheitlich grob nach Westen zeigt, bin ich wohl falsch - Navigieren auf höchstem Niveau! Andals Katl soll morgen wieder laufen, aber das hat man schon desöfteren gehört, somit lautet unser naechster Treffpunkt: İnstanbul! (26.08.2014)

Vermutlıch wird es keine grossen Abenteuer mehr geben. Wenn ıch Andal endlich wiedersehe, erwartet uns nur noch der Heimweg. Falls ihr mit Standardstorıes aus der Türkei und Touristenalltag aus İstanbul zufrieden seıd, lade ich Euch trotzdem ein, den Blog weiter zu verfolgen. Danke fürs reinschauen, danke fürs mıtfiebern! Lg aus Sınop, das schwarze Meer ıst auch blau, Klaus


ruppig und anstrengend

meine beiden neuen Freunde: Rocky (rechts oben) und ein Hund (links oben)
meine lieben Azerbaydschanis



Furkatıonszone ım georgıschen Nırgendwo


Nach dem Megapass Rıchtung Kazbegı
meine lieben İraner, vielen Dank!


kurz vor Kazbegı


Tsmında Sameba Kirche


Russısche Gleıchgesınnte




und da waren sıe auch schon wieder fort, epıc!
Eınfach mal abgebogen
Wunderschönes Seitental


das ist Enduro!
Parkplatz im Stiegenhaus
Batumi am Schwarzen Meer


 
mıt der Kraft der 5 Lıter (+ 5 Lıter + 3 Lıter)


Sonnenuntergang in Batumi
Frısch und munter (ich krank sein)... Danke fürs Frühstück!


Delfinsichtung am Badestrand
mein derzeitiger Ausblick
spaeter musste man hier tanzen...


Verfranst ın der Türkei, war aber auch schön






Donnerstag, 21. August 2014

Auf der Flucht - Einsam in Georgien

Das Warten auf Andals Ersatzteile nimmt kein Ende... Eine kleine Abwechslung bot die alljährliche Sternschnuppennacht, die wir nach einem skurrilen Besuch des ‘Zombie-Observatoriums’ irgendwo am höchsten Berg Armeniens verbrachten. Bei dieser verwahrlosten, stalinistischen Messstation für kosmische Teilchen wurden wir von einer beängstigend bleichen, dreiköpfigen Sowjet-Adams-Family nicht willkommen geheißen. Es war schon eine bizarre Szene. Wir befinden uns mit dem Motorrad auf einem erloschenen Schichtvulkan auf über 3200m, marschieren auf ein massives Eisentor aus Sowjetzeiten zu und werden gegenüber von drei komplett unterschiedlich gewachsenen (lang, dick, dünn) und unglaublich bleichen Gestalten in modrigen Pelzmänteln samt schiefen Pelzmützen angestarrt. Sie sahen wirklich wie Zombies aus, die gerade aus dem Winterschlaf erwacht sind. Auf die Frage, ob wir die Forschungsstation betreten dürften, gab es nur ein simultanes, dreifaches Kopfschütteln, kombiniert mit einem Blick, der auf reduzierte Gehirnaktivität schließen ließ. Die haben wohl das ein oder andere kosmische Teilchen zu viel abbekommen. Wir haben das verwahrloste Gelände des Observatoriums dann 50m weiter links betreten, denn außer dem Tor gab es rund um die Station kaum eine Absperrung. Nostalgische Kommunisten wären hier beim Anblick verrosteter Kettenfahrzeuge und heruntergekommener Gebäude vermutlich zu Tränen gerührt gewesen, wir fanden es einfach nur langweilig und trist. Und natürlich beantworte ich Euch die zwei wichtigsten Fragen dieser Geschichte – nein, wir wurden nicht von den Zombies gebissen und nein, wir haben sie nicht mit einer Motorsäge niedergemetzelt.
Derzeit vertreiben wir uns die unerhoffte Freizeit mit unglaublich spannenden Spaziergängen (gähn!) oder unternehmen kleine Exkursionen mit meiner Transalp. So wurde mir gestern ein Ausflug zum Lake Sevan schnell zum Verhängnis. Unter tatkräftiger Mithilfe einer der trinkfestesten Familien Armeniens wurde mir innerhalb kürzester Zeit in der Mittagssonne ein ordentlicher Gratisrausch angehängt – wenn ich sage ordentlich, dann meine ich ordentlich, vielen Dank nochmals! Nachdem mich Bier und Wodka zu einem 2 stündigen Nickerchen in der brütenden Nachmittagssonne zwangen, fuhr ich uns 60km souverän retour - als Entschuldigung muss man fairerweise beachten, dass wir uns in einer verkehrten Welt befinden. Die allgemeine Devise in Armenien lautet ‘drink and drive’ und ‘as long as you wear a helmet, there is no problem with the police’. Man passt sich eben wieder einmal an.
Um wenigstens einen gewissen Nervenkitzel zu erzwingen, fuhr ich in diesen Tagen absichtlich mit erhobenen Victory-Zeichen in diverse Radarfallen – keine Sorge, mein Karma sollte mich später noch dafür bestrafen…
Ansonsten verbringen wir unseren ungewollten Hauptstadt-Urlaub im 80’s Pub, gleich um die Ecke. Hier ertrinken wir die tiefe Motorschaden-Depression in Hektolitern Billigalkohol und pflegen bereits ein freundschaftliches Verhältnis zu den Angestellten. Nach 8 Tagen in Yerevan wurde uns leider mitgeteilt, dass Andal hier wohl noch mindestens eine weitere Woche festsitzen sollte. Mittlerweile wissen wir, dass das Wort ‚mindestens’ in Armenien ein dehnbarer Begriff ist. Also was tun?! Die Aussicht auf eine rasche Reparatur schwindet täglich, die Armenischen Behörden schreiben mich vermutlich bald zur Fahndung aus und die ewige Herumgammelei trägt nicht gerade zu einem kollektiven Stimmungshoch bei. Zu diesem Zeitpunkt gab mir Andal, ohne dass wir je wirklich darüber gesprochen haben, sein OK, dass zumindest meine Reise weitergehen sollte. Es mache einfach wenig Sinn, wenn wir hier beide festsitzen und niemand genau sagen kann, ob seine KTM überhaupt wieder laufen werde und wenn ja, wann. Andal! Vielen Dank für dieses selbstlose Angebot!
In dieser uneinschätzbaren Situation beschlossen wir also einvernehmlich, dass zumindest ich Armenien hinter mir lassen und am nächsten Tag ALLEINE nach Georgien weiterfahren werde. Im liebgewonnen 80’s Pub begossen wir noch einmal anständig unseren vorläufigen Abschied und besprachen die weiteren Pläne. Ich werde versuchen, eine ausgedehnte Runde durch Georgien zu drehen, damit wir uns in einer guten Woche im georgischen Niemandsland wiedertreffen. Hoffentlich gibt es keine weiteren Komplikationen...
Somit gehören die berühmt berüchtigten Achter-Überholmanöver und auch die klassische Endurowirbel-Formation vorerst der Vergangenheit an. Ungewohnt einsam, aber gewohnt verkatert ging die Reise am nächsten Tag für mich also alleine weiter.
Auf geht’s in den tiefsten Kaukasus. Die kurvenreiche Strecke zur georgischen Grenze lud förmlich zum Bolzen ein und schnell wurde aus Fahren Rasen. Geschwindigkeitsbegrenzungen wurden gekonnt und strikt missachtet, gedrosseltes Tempo auf Straßen wie diesen nennt man ganz einfach Frevel. Links, rechts, rauf und runter, spinnt die Paula, das macht Spaß! Und aus Spaß wird eben manchmal Ernst - nach dutzenden, himmelhoch jauchzenden Kilometern heulten vom Straßenrand Polizeisirenen auf und ein ‘Klaus Huber, du bist der Beste’ schallte durch armenische Polizeilautsprecher (vielleicht war es auch etwas anderes, mein Armenisch ist nach wie vor bescheiden). Sofort blickte ich auf den Tacho - Tempo 90 in einer 30er Zone, eher nicht so gut! Wir wussten von Einheimischen, dass in Armenien bereits für kleine Vergehen empfindliche Strafen drohen, aber Bremsen kam mir trotzdem nicht in dem Sinn. In der Hoffnung, dass die werten Herren Exekutivbeamten keine Lust auf eine Verfolgungsjagd mit einem verrückten Touristen haben, fiel meine Entscheidung auf Weiterdüsen – vielleicht galt die Lautsprecherdurchsage ja gar nicht mir, dachte ich. Da das mit dem Denken auf dieser Reise kein einziges mal so funktioniert hat, wie wir uns das vorgestellt haben, kam was kommen musste. Nach einigen Kilometern wähnte ich mich in Sicherheit aber nach 10 Minuten war es dann tatsächlich soweit - im gefährlichsten Tunnel der Welt (Buckelpiste und absolute Dunkelheit ohne jeglicher Beleuchtung, ohne Reflektoren oder sonstigen Wegweisern - Tunnel dunkelschwarz, das hat die Welt noch nicht gesehen!) wurde aus dem Nichts eine infernale rot-blaue Lichtshow plus Fernlicht-Stroboskop aktiviert. Ach du Schreck! Polizei! Das Karma schlägt zurück! Nun gut, okay, dann fahre ich eben doch rechts ran... Leicht mitgenommen präsentierten mir die dicklichen Beamten Hans und Wurst mit etwas überdimensionierten Polizeimützen unverzüglich den Bußgeldkatalog – scheinbar fand sich meine Strafe dort, wo die meisten Nullen beim Preisgeld stehen. Ich startete meine Suche bei 5000 Dram (10€) und arbeitete mich dann leider doch bis ans Ende der Liste durch, 200000 Dram - 400 Euro, Höchststrafe, Gratulation! Da half nur noch eines - ich stellte mich megadumm und ließ es auf eine hartnäckige Diskussion ankommen. ‘Touristi, Touristi…’ wimmerte ich mit verzweifeltem Blick. Nach über 7000 Kilometern, hunderten ähnlichen und schlimmeren Vergehen wurde es im Endeffekt aber doch Zeit für die erste Strafe der gesamten Reise. Nur durch Indien erprobtes Verhandlungsgeschick und viel Geduld kam ich schlussendlich mit 100 Euro davon - für die beiden armenischen Beamten war es wohl der große Wurf, für mich aber war es nur ein symbolischer Akt! Ich grinste frech bei der Geldübergabe.
Ausnahmsweise gibt es von der Armenisch-Georgischen Grenze nichts Spektakuläres zu berichten. Nachdem alle 15 herumwuselnden Zollbeamten die Füße in die Hände nahmen, einem kleinen, dicken Typen nachliefen und diesen im 5-fachen Todesgriff abführten, waren meine Stempel auch schon im Nu im Reisepass. Das vierte Land, die vierte Sprache, die vierte Schrift und die vierte Währung erwarteten mich. ‘Topvorbereitet’ wie eh und je wusste ich nur, dass ich nach Telavi, im Osten des Landes fahren wollte. Warum? Keine Ahnung! Irgendwie muss ich ja die Zeit ohne Andal herumbiegen. Auf dem Weg dorthin wollte ich die georgische Hauptstadt Tibilisi (Tiflis) eigentlich umfahren, aber durch die unglaublich falschen Wegbeschreibungen der Einheimischen, wurde ich wieder einmal ins Verderben einer Millionenstadt geschickt! Nach allem was hinter mir lag, sah ich das ganze jedoch als tiefenentspannte Aufgabe.
Wie immer war es viel zu heiß, also raus aus der Motorradjacke und ich folgte der äußerst mäßigen Beschilderung und meinem (Teheran erprobten) Wunderkompass - Osten, Osten, Osten! Schaut gut aus, die Straße wird immer schmäler und schmäler, schlechter und noch schlechter, null Verkehr, beängstigende Menschen links und rechts, hmmm - Endstation vor einem riesigen, vom Zahn der Zeit zerfressenen, sowjetischen Industriekomplex. Sackgasse, doch nicht gut, retour! Westen, Westen und dann nehme ich eben doch die richtige Abzweigung und Autobahn. Danke Tiflis, abgehakt, lächerlich. Telavi, du unbedeutend kleines Kaff, ich komme – warum auch immer! 
Zur Belohnung erwartete mich nach der Hauptstadt ein 100km langer Endurotraum und ich fuhr durch etwas Seltsames - etwas, das ich seit gut einem Monat nicht mehr aus nächster Nähe gesehen habe, Wald! Andal hätte bestimmt geweint. Apropos Andal - an die einsamen Momente bei Pausen oder beim Essen muss ich mich noch gewöhnen, ansonsten macht Georgien bis jetzt aber auch alleine Spaß. Trotzdem hoffe ich auf eine baldige Rückkehr, immerhin ist es ‘unsere’ Reise und ich freue mich schon auf die gemeinsame Ehrenrunde am oberen Stadtplatz in Kufstein (informiert schon mal den Bürgermeister, die Schützen und ‘de Musig’)! Nur noch ein paar Tausend Kilometer Heimweg… (18.08.2014)

Besondere Vorkommnisse:
  • Zur Begrüßung im freundlichen Homestay in Telavi, warf ich Besitzerin Inga noch schnell mein Motorrad vor die Füße. Mann, Mann, Mann! Gelächter und Umfaller Nr.4
  • Die youtube playlist des 80’s Pub wurde übrigens um 3 Bands erweitert: Motorbeast, Midriff und First Coming

Und wie es in den höchsten Bergen Georgiens bzw. bei der Komplettierung meiner 3 Seen-Runde (Mediterranean Sea, Caspian Sea und Black Sea) weiterging, das erfährt ihr nie... da man Einladungen in Georgien nicht so einfach ablehnen kann, habe ich erhebliche Erinnerungslücken. Prost!
Sternschnuppennacht: Warten auf Wetterbesserung

Sternschnuppennacht: Wetter wird besser

Andal traeumt von seiner KTM

irgendwo in Georgien

Einmal quer durch Tiflis

Lotto King Karl mit einer Pferdestaerke



Vorschau:
wie ich zum Transalpclub Russland kam, wie ich die hoechsten Berge Georgiens erkundete und was mich am schwarzen Meer erwartete, das gibts beim naechsten mal

Transalpclub Russland

im tiefsten Kaukasus

 Und warum das Treffen dieser beiden Herren (l) 24h Stunden spaeter so aussah (r)
ein schicksalhaftes Treffen
leicht verkatert am Strand von Batumi






Dienstag, 12. August 2014

Lost and found und ein kapitaler Motorschaden

Oft wurden wir in den letzten Tagen gefragt, ob man Armenien in Europa überhaupt kennt, ob man weiß, wo es liegt und warum wir generell hier sind. Es scheint selbst unter den Einheimischen nicht die Topadresse zu sein und zudem scheint die geschichtliche Vergangenheit (Genozid 1915) nach wie vor auf den Schultern des Landes zu lasten. Auch für uns hätte es eigentlich ein 2 bis 3-tägiges Intermezzo werden sollen, aber das Schicksal hat anders entschieden - Pleuellager mausetot, Motorschaden bei Andals KTM! Stillstand in Yerevan. Da unter Euch sicher unzählige Technikfreaks sind, beschreibe ich Euch den Schaden mit folgendem Satz: überhaupt gar nicht gut! Das Motorrad steht derzeit komplett zerlegt in Armeniens Hauptstadt. Doch wie kam es dazu?
Nachdem wir den Passierschein A38 abgeholt haben, mussten wir uns erst einmal 2 Tage psychisch erholen. Normalerweise durchpflügen wir in diesem Zeitraum 700-1000 Kilometer aber nach der intensiven Irantour waren unsere Knochen müde und der Geist durch die Grenzformalitäten schwach. In dieser Erholphase lernten wir im Grenzort Meghri zwei der besten Armenier kennen, Artak und David – zwei Lektoren der Universität Yerevan, die gerade dabei waren, das ganze Land per GPS zu tracken (Zusatzinfo für meine ätzenden Streber-Studienkollegen: Erfassung unglaublich wichtiger hydrologischer Daten für das Wohl Armeniens zur weiteren Bearbeitung in ArcGIS). Dass wir diese zwei ArcGIS Spezialisten noch öfters sehen werden, dass ‚Shoarma’ Andals neues Leibgericht wird, dass die ‚Shoarma-Mädels’ aus dem Shoarma Imbiss Andals BFF’s werden, dass Andal während seines 23 tägigen Aufenthalts in einem Armenischen Homestay rund 300 Touristen kennenlernen wird, dass die Übergabe des goldenen Stadtschlüssels unmittelbar bevorstand und es ihm generell richtig schwer fallen wird, dieses Land zu verlassen, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand.
Als wir uns zur Weiterfahrt aufrafften, begann das Drama aus vielen Akten, bestehend aber aus nur einem Wort - Motorschaden. Die Strecke hätte schöner nicht sein können, aber durch ein ungewöhnlich lautes, metallisches Klopfen aus dem KTM-Motor war der Endurotraum auf einer 50km langen Schotterpiste schnell verflogen. Andal wusste sofort, dass sein Pleuellager den Geist aufgibt und so wurde unsere Reiseroute unverzüglich geändert - statt ‚Georgien’ lautete unser Ziel ‚Werkstatt’ und letzteres kennt hier im ‚hilfsbereiten’ Armenien natürlich niemand. Grob fahrlässig quälte Andal seinen defekten Motor noch über 100km durch die an sich herrliche armenische Bergwelt, doch bald hieß es: nichts geht mehr...
Andals Frust und Verzweiflung war in dieser Galaxie nicht zu überbieten, er war ein Schatten seiner selbst und die ‘Lätschn’ tauchte stundenlang bis tief ins Mikroklima der Armenischen Bodenoberfläche ein. Selten wurde ich so lange, so kontraproduktiv vollgesudert und die Stimmung war definitiv am Tiefpunkt.
Aber dann, der Himmel öffnet sich, ‚laaaaa’, die Engel singen, der Lichtblick! Ein hilfsbereiter Campingplatzbesitzer telefonierte nach kurzer Problembeschreibung (‚Motor kaputt’) mit Gott und der Welt, organisierte einen Transporter und schickte uns in die über 100km entfernte armenische Hauptstadt. Ganze 10 Sekunden verfolgte ich den im Schneckentempo fahrenden Kleinlaster und eilte davon. Eigentlich sollten wir uns irgendwo auf der Strecke wiederfinden, doch daraus wurde nichts. Der Transporter nahm samt Andal, seiner KTM und meinem Reiseführer eine andere Route und nach über 1 Monat und 6000 gemeinsamen Kilometern trennten sich unsere Wege erstmals komplett. Nach endlosen Wartereien an teils bizarren Flecken (z.b. einem Reifenservice, der eigentlich ein Melonenverkaufsstand ist, oder einem griechischen Restaurant unter einer Autobahnbrücke) beschloss ich ohne jeglicher Ahnung und Information, ohne jeglicher Anlaufstellen oder Adressen, einsam und verlassen in die nächste Millionenstadt dieser Reise einzufahren. Der Verkehr zum Glück entspannt, die Stimmung jedoch mies und wie zum Teufel sollte ich eine günstige Bleibe finden - Taxifahrer und Passanten kennen wieder einmal nur die besten Hotels der Stadt. Nachdem ich also relativ sinnbefreit zwei Stunden lang die Stadt erkundete und währenddessen die drei teuersten Absteigen Yerevans kennenlernen durfte, wünschte ich mir nichts sehnlicher als meinen Reiseführer herbei. In diesem Moment, am Arsch der armenischen Hauptstadt, eilte ein Taxi heran - ein wahrhaft ungepflegter Typ fuchtelte wie wild mit seinen Händen und sprach mich in einem äußerst seltsamen, deutschen Dialekt an - es war Andal, samt Reiseführer. Absolut zufällig kreuzten sich unsere Wege im hintersten Nirgendwo in Armeniens 1.3 Millionen Einwohner zählender Hauptstadt Yerevan. Sofort fuhren wir zum nächstbesten Bed and Breakfast, wo wir uns seitdem mit 12 Backpackern eine Wohnung teilen. Die Wiedersehensfreude war groß und wurde in einem der 1000 Pubs bei Rock und Metal ordentlich begossen. Endlich wieder zurück in der Zivilisation, zurück in einer Welt mit Bier und Miniröcken!
Andals KTM ist nun in den Händen von Vache (‚Waa-tsche’), Armeniens bestem Mechaniker. Er ist Kopf der Bikerszene des Landes und gleichzeitig Besitzer eines Custom Bikes Shop. Gemeinsam mit zwei ehemaligen Tupolewpiloten wurde die LC4 Adventure rustikalst in ihre Einzelteile zerlegt und wartet seit Tagen auf ihre Ersatzteile. (12.08.2014)


Besondere Vorkommnisse / Richtigstellung:

In einem früheren Beitrag faselte ich (jede Menge Stuss) vom Begriff ‘Endurowandern’. Der Begriff ist seit der Begegnung mit einem waschechten Endurowanderer aus Deutschland überholt (siehe Foto) - In Österreich wird der Alpinstil = Minimalgepäck bei durchaus flotter Fahrweise bevorzugt. Instinktiv gab ich meinem Blog den richtigen Namen und somit definieren wir uns fortan abgrenzend als ‘Endurowirbler’ - take it easy und liebe Grüße ;)


... worst case ...

Unsere Kollegas David (l) und Artak (r)

Enduroparadies Armenien

unerwartet sensationelles Land

kurz vor Yerevan

Endurowanderer aus Deutschland

KTM mit Motorschaden

Saufen am Lake Sevan, 12:00 Uhr

... trinkfest ...

uahhh was ist passiert, auferstanden von den Toten

die kleine Gabi haelt uns im Bed and Breakfast auf Trab


Montag, 4. August 2014

Iran-Abschiedstour und der Passierschein A38 (A wie Armenien)

Die Tage vergehen und unser Abenteuer hat ab Kappadokien so richtig begonnen, wie es weiterging und wo wir gerade umgehen ist in den letzten  Posts nachzulesen

Auf unserer 2-taegigen Iran-Abschiedstour zeigte sich das Land noch einmal von seiner schoensten Seite, abwechslungsreich und herzliche Menschen an jeder Ecke. Gerne fuhren wir ins aergste Kaff, kauften uns 'a Eisä und a Cola' und bescherten den Ladenbesitzern den Besuch ihres Lebens. Schnell war der Dorfaeltestenrat geschlossen versammelt und wie so oft Fotos gemacht. An der Azerbaidschanischen Grenze nahe Astara fanden wir doch noch einen versoehnlichen, staufreien Abschluss mit dem Kaspischen Meer, erklommen voll konzentriert vielbefahrene Paesse und duesten 2 Tage hauptsaechlich durch Sand- und Steinwuesten sowie durch schier endlose Pampa mit feinsten Enduropisten.
Im iranischen Verkehr stellen wir mittlerweile eine ebenbuertige Gefahr dar, der Mensch passt sich eben an. Wir fahren schnell, ueberholen wie es uns passt, mal links, mal rechts, gelassen zwischen dem Gegenverkehr und beweisen souveraen iranische Verkehrsaggressivitaet - ansonsten kann man sich in Persien sowieso Brausen gehen (wie man in Tirol sagen würde). Vor den laestigen Bremshuegeln, gefaehrlichen Kreuzungen und chaotischen Kreisverkehren findet unser bestens trainiertes Auge-Gehirn-Radar (AGR-System) automatisch die eine Luecke und schon pfeifen wir ohne zu bremsen an 5-20 Fahrzeugen vorbei. Im fordernden Stadtverkehr bewegen wir uns teilweise wie eine Kunstflugstaffel, Rad an Rad neben- oder hintereinander her. Es ist ein fast unzertrennbares Band, dass nur von unserer Spezialdisziplin aufgerissen wird - dem '8er-Ueberholmanoever' - der eine links, der andere rechts am gleichen Fahrzeug vorbei, beim naechsten umgekehrt. Danach blicken wir uns gegenseitig an und nicken mit männlichem Stolz. Wir haben Feuer gemacht!
Ja! Nach 10 Tagen machte es auf iranischen Strassen teils richtig Spass, auch wenn wir heilfroh sind, dass wir den gefaehrlichsten Verkehr der Welt unversehrt hinter uns lassen konnten und tragen auf Ewig ein 'Iran-Proved'-Guetesiegel.

Unsere Reise trieb uns gestern nach Armenien aber zuerst musste der aus Asterix und Obelix beruehmte 'Passierschein A38' abgeholt werden. Zuerst uebersahen wir direkt an der Grenze stehend die Grenze und fuhren 20km weiter. 20km retour erwartete uns ein 4 stuendiges Geduldsspiel, gepraegt von grenzenloser Arbeitsmoral der iranischen Zollbeamten, Ahungslosigkeit dergleichen, endloser Warterei und Schikanen auf armenischer Seite. Um z.b. das Carnet de Passages abzustempeln wurden wir nach einer Stunde warten, eine Stunde lang hin und hergeschickt, nur um herauszufinden, dass die zustaendigen Personen wohl blau machen. So wurde dem Kantinenkoch oder einer aehnlich wichtigen Person dieser Grenze ein Schluessel fuers menschenleere Haeuschen fuer Zollangelegenheiten gegeben, wo er uns ohne zu zoegern und ohne irgendwelche Kontrollen der Papiere irgendeinen iranischen Zollstempel ins Carnet klatschte. Diesen liess er sich irgendwo von irgendwem ueberpruefen - falsch, noch einmal retour ins Zollhaeuschen, Stempeltest unter meiner Aufsicht! Er hauchte alle herumliegenden Gepräge an, stempelte mir von jedem Signum ein Beispiel auf einen Fresszettel und schaute mich fragend an. Ich sagte ihm dann, welchen iranisch-hoheitlichen Zollstempel ich wo haben moechte und dass er mir bitte noch Datum und eine Unterschrift liefern sollte. So funktioniert das mit dem ach so wichtigen Carnet de Passages...
Nachdem wir also insgesamt 8 Passkontrollen ueber uns ergehen lassen mussten, mehrmals in 6 verschiedene Gebaeude/Container geschickt wurden, 4 sinnlose Kopien irgendwelcher Dokumente anfertigen lassen mussten, 3x unsere Zulassungsdaten muehsam in 'Hightech-Computersysteme' eintragen lassen mussten, irgendwie, irgendwo das Carnet abstempelten, unser Hab und Gut einer sinnlosen Handdurchsuchung aussetzten, nur damit die Koffer und Taschen 100m weiter abmontiert und durchs Roentgen geschoben werden mussten, wir nach dem Ueberschreiten der armenischen Grenze noch eine Kfz-Versicherung abschliessen mussten, haben wir es nach 4 aetzenden Stunden ratzfatz geschafft, sind easycheesy und erfolgreich in Armenien eingereist. 

Lg aus einer Welt ohne Muezzingesang, lg aus Armenien! (04.08.2014)

Kaspisches Meer

Ungelogen!

typisches Bild, unvergessliche Momente


Standardprozedur :)

irgendwelche 4000er

Endspurt nach Armenien