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Donnerstag, 11. September 2014

Home sweet home!

Ich fasse mich zum Abschluss kurz - Unsere Mission "Zwei Enduros wirbeln Richtung Teheran... und irgendwie retour" wurde erfolgreich beendet. Mensch und Maschine sind nach 50(!) Stunden Zugfahrt (mit 17 Stunden Verspätung) in Villach angekommen. Man sollte eben nicht mit einem Autozug fahren, der den Namen "Optima Express" trägt. Die treffendere Bezeichnung lautet "Suboptima", ohne Express. Wir haben uns zudem auf einer ätzend kalten Regenetappe von Villach nach Kufstein schnellstmöglich an den europäischen Sommer 2014 gewöhnt. Egal, das was hinter uns liegt, zählt. Die gemeinsame Ehrenrunde auf dem Oberen Stadtplatz ließen wir uns jedenfalls nicht nehmen. Schön, wieder zuhause zu sein!


Statistik

Türkeiroute: ein fingerbreit = 100 Kilometer!
Wir reisten insgesamt 4 mal in die wunderbare Türkei ein, durften den Iran und seine unglaublich gastfreundlichen Bewohner kennenlernen, fuhren quer durch die Kaukasusländer Armenien und Georgien, hörten die Brandung dreier Meere rauschen (Mittelmeer, Kaspisches Meer, Schwarzes Meer) und besuchten am Ende wegen Zollformalitäten auch noch für 5 Minuten Griechenland und für 30 Minuten Bulgarien (natürlich umsonst)... Rechnen wir den Autozug mit ein, waren wir zusätzlich je 2x in Slowenien, Kroatien, Serbien, Bulgarien und haben insgesamt 7 Hauptstädte durchquert (Ljubljana, Zagreb, Belgrad, Sophia, Teheran, Yerevan, Tiflis). Der Reisepass ist damit um rund 20 Stempel reicher, mein Tachostand um rund 10000km höher und mein Tank ohne Boden hat über 600 Liter Benzin geschluckt - somit durften wir um die 50 Tankstellen mit 100 Smalltalks erleben. Mit dem Motorrad erkundete ich den höchsten Berg der Türkei (Ararat 5137m), des Iran (Damavand 5671m), Armeniens (Aragaz 4090m) und den dritthöchsten von Georgien (Mt. Kazbek 5047m - ich dachte, der wäre der höchste, sorry). Die Umfaller Statistik habe ich knapp, aber voller Stolz, mit 4:3 für mich entschieden. Andal machte das Rennen noch einmal spannend, indem er seine KTM in Istanbul auf meine Transalp und gleichzeitig vor amerikanische Touristenfüße warf. Selbst wenn man das kommende Übel nicht mit den eigenen Augen mitverfolgen kann, kristallisierten sich vier eindeutige akustische Indikatoren für umfallende Motorräder heraus: die angestrengt aus dem Körper gepressten Wörter „ahhh“, „naaaa“, ein schnelles, heiseres „verdammt“ oder ein gehauchtes, langgezogenes „fuuuuck“ genügten zur schnellen Identifikation der Lage. Die Bestätigung des akustischen Warnsignals endete zu hundert Prozent in einem großen Rumms und Gelächter aller herumstehenden Personen. Ein kurzzeitiges Schamgefühl des Hauptakteurs blieb statistisch unvermeidlich.
Suizidvögel (killed by motorcycle) gibt es offensichtlich nur in der Westtürkei, die Zahl der getöteten Vögel blieb bei einem für beide Seiten zufriedenstellenden 1:1. Die Höchsttemperatur von 48°C im Schatten von Teheran wurde nicht mehr überboten und im Suboptima Zug stellte ich meinen persönlichen Raucherrekord in Transportmitteln auf - 72 Stück First Class A Cigarettes (Marlboro) teerten meine Lungen in nur einer Zugfahrt *keuch*! Der goldene Tourist Yerevans heißt von nun an bis in alle Ewigkeit "Andal" - noch nie zuvor wollte ein Reisender 23 Tage am Stück in Armeniens Hauptstadt verweilen (Grund: Motorschaden). Mein persönlicher Song der Reise: Hard Sun - Eddie Vedder. Statistische Auswertungen diverser Darm- und Hauterkrankungen werden in diesem Bericht ausnahmsweise nicht berücksichtigt.


Zeit für ein kleines Ré­su­mé...

Im Juli hatte ich noch keine Ahnung, auf was ich mich da eingelassen habe, schließlich war ich vor 65 Tagen noch jungfräulich in Sachen Motorradfernreisen. Es war eine Zweiradreise unter klimatischen Extrembedingungen, verbunden mit vielen Entbehrungen - man lebt 2 Monate aus 2 Alukoffern, trägt 5 Unterhosen, 3 verschiedene Shirts und schläft regelmäßig in einem altersschwachen und nicht mehr wasserdichten Zelt, die Isomatte verliert mittlerweile nach 2 Stunden all ihre Luft, der Reißverschluss der Motorradjacke gab bereits in Georgien den Geist auf (nie mehr Büse), etc... Zusätzlich musste man im Vorfeld der Reise einige bürokratische Hürden und lästige finanzielle Angelegenheiten meistern. Dennoch, bereits heute am Tag der Heimkehr, kann ich mir keine bessere und intensivere Art zu reisen vorstellen, ich bereue rein gar nichts und ich trauere auch keinem einzigen Cent hinterher. Wir besuchten Gegenden dieses Planeten, die definitiv nicht für den alltäglichen Tourismus ausgelegt sind, durchstreiften 2 Metropolen, ein halbes Dutzend Millionenstädte und jegliche Form von Wüstenlandschaft, trafen die freundlichsten und gutherzigsten Menschen, erlebten den Alltag in fremden Ländern und fremden Kulturen, meisterten mit Bravour den gefährlichsten Verkehr der Welt und wurden mit kaum zu verarbeitenden Eindrücken beschenkt. Ich für meinen Teil, habe zwar jede Menge Geld "verloren", dafür aber umso mehr bekommen - Erinnerungen für die Ewigkeit und Erfahrungen, die man nicht, oder nur schwer in Worte fassen kann! Ob Freundschaften fürs Leben geboren wurden, kann man jetzt noch nicht sagen, Grundsteine wurden zumindest gelegt.
Und am Ende der Reise, während du die letzten Kilometer eines unfassbaren Abenteuers abspulst und immer mehr in eine gewohnte Umgebung namens Heimat eintauchst, wird dir absolut bewusst, was 10000 Kilometer hinter dir und vor allem dazwischen liegt. In Matrei küsse ich vor einem vertrauten Lebensmittelgeschäft, völlig durchnässt aber vollkommen glücklich, dreckige Parkplatzpflastersteine - Geschmack: Tirol! Noch nie zuvor habe ich die Heimat so intensiv wahrgenommen. Nach zwei Monaten führt der Weg endlich wieder über den Pass Thurn, endlich wieder vorbei am Wilden Kaiser, die Eibergstraße wird zum Abschluss standesgemäß komplett zerlegt und das Ortsschild Kufstein passiert, irgendwie skurril! Gemeinsam gönnen wir uns eine letzte Ehrenrunde quer durch die Stadt und dann, man kann es selber kaum glauben, ist es soweit! Du biegst wie immer in deine Einfahrt ein, stellst das Motorrad wie immer am gleichen Fleck ab und trotzdem ist alles komplett anders. Leute! Ich sage es Euch - nach 65 ereignisreichen Tagen drehe ich das Zündschloss ein letztes mal um und kehre genau in dieser einen Sekunde, kerngesund, abgekämpft aber trotzdem munter, aus Teheran – ja, TEHERAN – zurück! Diesen unbeschreiblichen Stolz habe ich heute zum ersten Mal erfahren. Dieser einzigartige Moment gehörte mir ganz alleine und sofort wurde mir bewusst – die letzten zwei Monate nimmt Dir keiner, was für ein Ritt!

Die nächsten Ideen schwirren bereits in meinem Kopf herum... Zwei Enduros wirbeln Richtung Patagonien oder doch in die Mongolei? Von mir aus kann es morgen wieder losgehen, ich habe Blut geleckt!

Jedem, der ein ähnliches Projekt starten will, sei gesagt: Mach es einfach! Es gibt nur einen wahren Grund, der gegen die Verwirklichung eines solchen Traumes spricht: die Angst vor dem Unbekannten... Folge Deinem Bauchgefühl und alles wird gut. Ende der Geschichte, jetzt aber wirklich :)

Thank you all!







Donnerstag, 4. September 2014

Zehntausend und ein Kilometer - Wiedersehen in Istanbul

Wer hätte das gedacht! Andal erreichte Istanbul einen Tag vor mir und wir fahren nun doch gemeinsam mit dem Autozug nach Hause. Unsere Planschmiede namens Schicksal ist offensichtlich unergründlich. Noch vor ein paar Tagen standen die Zeichen zu 99,9 Prozent auf einer unabhängigen Heimreise der beiden Iranforscher Klaus und Andal, doch vor ein paar Tagen hörte ich meine Mailbox ab. Andal hinterließ mir folgende Meldung:"Mei Dosen saftelt scho wieda, bin scho in Erzurum (Türkei), foh auf schnellstem Wege Istanbul, bin in 3 Tog dort, i foh mit Dir mitm Autozug hoam, wo bist du?".
Zu diesem Zeitpunkt faulenzte ich bereits eine Woche am Schwarzmeerstrand von Sinop. Eigentlich wollte ich dort nur eine Nacht verbringen, aber die türkische Gastfreundschaft fesselte mich an diesen Ort. Jeden Tag wurde ich von insgesamt vier türkischen Familien und deren Freunden mit Frühstück, Mittag- und Abendessen versorgt - sie waren gnadenlos! Von allen Seiten wurde ich tagelang genötigt, mehr Chay zu trinken, als ein menschlicher Körper verdunsten kann. Manchmal begann die tägliche Mästung mit doppeltem Frühstück - ich war auf diesem Campingplatz die einsame westliche Made, somit lebte ich einzig und allein im türkischen Speck! Selbst als es einen Tag lang schüttete wie aus Kübeln, rüttelte Hakki (einer der Familienväter) mit einem Handtuch über dem Kopf an meinem Zelt, um mir völlig durchnässt Essen und Tee ins Zelt zu reichen. Nach drei Tagen war ich dann schließlich ein gleichgestelltes Familienmitglied ("Kardeşim" = Bruder). Wir aßen, spielten und lachten tagelang am selben Tisch, verbrachten die meiste Zeit miteinander. Leider erfolgte unsere Kommunikation größtenteils mit Händen und Füßen oder mit Kritzeleien auf meinem Block. Eine andere Frau auf dem Campingplatz beobachtete die regelmäßigen Raubtierfütterungen und meinte, ich müsse etwas Besonderes sein, selbst in der Türkei sei dies in der Form nicht normal. Vielleicht liegt es an meinem leicht irritierenden Äußeren (Stichwort: muslimischer Krimineller), aber in der islamischen Welt fühlte ich mich auf der gesamten Reise als äußerst willkommener Gast. Wieder einmal kann ich mich nur von ganzem Herzen bei allen Menschen in Sinop, im Speziellen bei Familie Altinel, bedanken - als Österreicher weiß man genau, dass diese ehrliche, herzliche und selbstlose Gastfreundschaft nichts Alltägliches ist, es war rührend und einfach nur unglaublich! Mein neues Motto - Islam statt Daham :P

Nachdem ich Andals Mailboxnachricht abgehört habe, plante ich für Istanbul eine (gemeinsame) Ankunft der besonderen Art. Leider war der Bursche wie so oft schwer zu kontaktieren, fuhr zudem eine 820km Tagesetappe (Respekt), sodass seine saftelnde KTM einen Tag früher als vermutet, also bereits einen Tag vor mir Istanbul erreichte. Nach zwei äußerst intensiven Monaten blieb die einfachste und unvergesslichste Art Istanbul zu erreichen, nur mir allein vorbehalten. Anstatt die letzten hundert Kilometer direkt nach Istanbul zu fahren, nahm ich den südlichen Küstenabschnitt des Marmarameeres ins Visier und verschiffte mich in Yalova samt Motorrad Richtung Bosporus. Die Herren am Ticketschalter fragten mich noch, ob ich den europäischen oder asiatischen Teil ansteuern wollte, natürlich hatte ich nicht die geringste Ahnung. Ich wusste nur, dass ich nach Sultanahmet sollte und so wiesen sie mir einfach einen der beiden Kutter zu. Nach dem Ablegen war ich mir nicht einmal sicher, ob ich überhaupt ins ehemalige Konstantinopel verschifft werde, die Fähre nahm glücklicherweise exakten Kurs auf die Hagia Sophia bzw. die Blaue Moschee und ich landete nach zwei langen, abenteuerlichen und unbeschreiblich heißen Monaten doch tatsächlich wieder auf europäischem Boden.
Während man gute 90 Minuten an der Riesenmetropole Istanbul vorbeikreuzt, wird einem zum ersten Mal so richtig bewusst… (welch qualvolle Anreise Andal in dieser gigantischen Stadt erleiden musste, hier durchzufahren muss der blanke Horror gewesen sein… Schiff ahoi!) …welch langen und spannenden Weg man eingeschlagen hat, schließlich nahm man die Zehntausend Kilometer lange „Abkürzung“ über Teheran, Jerewan und Tiflis. Wir hätten Istanbul auch am allerersten Tag unserer Reise erreichen können, aber bereits im Autozug in die Türkei stand fest, dass diese historisch einzigartige Stadt unsere Endstation werden sollte. Seit tausenden Kilometern fragt man sich, ob der flexible Fahrplan in irgendeiner Form aufgeht und ob man jemals in ganzen Stücken ankommen wird. Und dann ist es plötzlich soweit - während das unzerstörte Motorrad im Wellengang entspannt hin und her wackelt, blickt man gesund und munter vom Aussichtsdeck auf den Bosporus samt seiner beeidruckenden Sehenswürdigkeiten und speichert den Moment der sensationellen Hafeneinfahrt auf ewig ab. Bei allem was hinter mir liegt ein wahrhaft erhabener und auch sentimentaler Moment! 
Das letzte Ziel und ein letztes großes Highlight einer ungewöhnlichen Reise ist somit endlich erreicht und das Beste kommt zum Schluss. Im kleinen Kaff Istanbul - 15 Mio. Einwohner oder mehr - landete ich geographisch derart glücklich, dass ich nach kurzer Absprache, 5 Minuten und 3x abbiegen einen besonders wichtigen Teil dieser Reise wiederfand - meinen für immer verloren geglaubten Reisepartner Andal! Im Gegensatz zu mir musste er sich rund 3 Stunden durch diese gigantische Stadt mühen. Wurscht! Ende gut, alles gut! Schräger Trip! :) Oder?!


In ein paar Tagen fahren wir Richtung Autozug und am 10.09. sollten wir wieder in Avusturya (Österreich) sein. Fürs Erste heißt es hier also Ende der Geschichte, bis bald! Kufstein, wir kommen - Ich freue mich auf Euch :)

Meine Ersatzfamilie :)

Danke für alles!

Lecker Bierschen :)

7 Tage krank und ein bißchen reisemüde

Ich nenne dieses Bild "Sommer in Österreich", ich kam gerade noch davon

Irgendwo da drüben ist Yenikapi/Istanbul

Pole Position auf der Fähre, ab zum Bosporus!
Istanbul/Europa/Andal, ich komme!!!
De Buam, nach 3 Wochen wieder vereint!

irgendwoher kenn ich den, lange nicht geshen! :)

Hagia Sophia


Hagia Sophia
Blick aus der Hagia Sophia auf die Blaue Moschee

Ausblick von unserer Dachterrasse (Bosporus)
Fat Boy Slım