Wer hätte das gedacht! Andal erreichte Istanbul einen Tag
vor mir und wir fahren nun doch gemeinsam mit dem Autozug nach Hause. Unsere
Planschmiede namens Schicksal ist offensichtlich unergründlich. Noch vor ein
paar Tagen standen die Zeichen zu 99,9 Prozent auf einer unabhängigen Heimreise
der beiden Iranforscher Klaus und Andal, doch vor ein paar Tagen hörte ich
meine Mailbox ab. Andal hinterließ mir folgende Meldung:"Mei Dosen saftelt
scho wieda, bin scho in Erzurum (Türkei), foh auf schnellstem Wege Istanbul,
bin in 3 Tog dort, i foh mit Dir mitm Autozug hoam, wo bist du?".
Zu diesem Zeitpunkt faulenzte ich bereits eine Woche am
Schwarzmeerstrand von Sinop. Eigentlich wollte ich dort nur eine Nacht
verbringen, aber die türkische Gastfreundschaft fesselte mich an diesen Ort.
Jeden Tag wurde ich von insgesamt vier türkischen Familien und deren Freunden
mit Frühstück, Mittag- und Abendessen versorgt - sie waren gnadenlos! Von allen
Seiten wurde ich tagelang genötigt, mehr Chay zu trinken, als ein menschlicher
Körper verdunsten kann. Manchmal begann die tägliche Mästung mit doppeltem
Frühstück - ich war auf diesem Campingplatz die einsame westliche Made, somit
lebte ich einzig und allein im türkischen Speck! Selbst als es einen Tag lang
schüttete wie aus Kübeln, rüttelte Hakki (einer der Familienväter) mit einem
Handtuch über dem Kopf an meinem Zelt, um mir völlig durchnässt Essen und Tee
ins Zelt zu reichen. Nach drei Tagen war ich dann schließlich ein
gleichgestelltes Familienmitglied ("Kardeşim" = Bruder). Wir aßen,
spielten und lachten tagelang am selben Tisch, verbrachten die meiste Zeit
miteinander. Leider erfolgte unsere Kommunikation größtenteils mit Händen und
Füßen oder mit Kritzeleien auf meinem Block. Eine andere Frau auf dem Campingplatz
beobachtete die regelmäßigen Raubtierfütterungen und meinte, ich müsse etwas
Besonderes sein, selbst in der Türkei sei dies in der Form nicht normal.
Vielleicht liegt es an meinem leicht irritierenden Äußeren (Stichwort:
muslimischer Krimineller), aber in der islamischen Welt fühlte ich mich auf der
gesamten Reise als äußerst willkommener Gast. Wieder einmal kann ich mich nur
von ganzem Herzen bei allen Menschen in Sinop, im Speziellen bei Familie
Altinel, bedanken - als Österreicher weiß man genau, dass diese ehrliche,
herzliche und selbstlose Gastfreundschaft nichts Alltägliches ist, es war
rührend und einfach nur unglaublich! Mein neues Motto - Islam statt Daham :P
Nachdem ich Andals Mailboxnachricht abgehört habe, plante
ich für Istanbul eine (gemeinsame) Ankunft der besonderen Art. Leider war der
Bursche wie so oft schwer zu kontaktieren, fuhr zudem eine 820km Tagesetappe
(Respekt), sodass seine saftelnde KTM einen Tag früher als vermutet, also
bereits einen Tag vor mir Istanbul erreichte. Nach zwei äußerst intensiven
Monaten blieb die einfachste und unvergesslichste Art Istanbul zu erreichen,
nur mir allein vorbehalten. Anstatt die letzten hundert Kilometer direkt nach Istanbul
zu fahren, nahm ich den südlichen Küstenabschnitt des Marmarameeres ins Visier
und verschiffte mich in Yalova samt Motorrad Richtung Bosporus. Die Herren am
Ticketschalter fragten mich noch, ob ich den europäischen oder asiatischen Teil
ansteuern wollte, natürlich hatte ich nicht die geringste Ahnung. Ich wusste
nur, dass ich nach Sultanahmet sollte und so wiesen sie mir einfach einen der
beiden Kutter zu. Nach dem Ablegen war ich mir nicht einmal sicher, ob ich
überhaupt ins ehemalige Konstantinopel verschifft werde, die Fähre nahm glücklicherweise
exakten Kurs auf die Hagia Sophia bzw. die Blaue Moschee und ich landete nach zwei
langen, abenteuerlichen und unbeschreiblich heißen Monaten doch tatsächlich wieder
auf europäischem Boden.
Während man gute 90 Minuten an der Riesenmetropole
Istanbul vorbeikreuzt, wird einem zum ersten Mal so richtig bewusst… (welch
qualvolle Anreise Andal in dieser gigantischen Stadt erleiden musste, hier
durchzufahren muss der blanke Horror gewesen sein… Schiff ahoi!) …welch langen
und spannenden Weg man eingeschlagen hat, schließlich nahm man die Zehntausend
Kilometer lange „Abkürzung“ über Teheran, Jerewan und Tiflis. Wir hätten
Istanbul auch am allerersten Tag unserer Reise erreichen können, aber bereits
im Autozug in die Türkei stand fest, dass diese historisch einzigartige Stadt
unsere Endstation werden sollte. Seit tausenden Kilometern fragt man sich, ob
der flexible Fahrplan in irgendeiner Form aufgeht und ob man jemals in ganzen
Stücken ankommen wird. Und dann ist es plötzlich soweit - während das unzerstörte Motorrad im Wellengang entspannt hin und her wackelt, blickt man gesund und munter vom Aussichtsdeck auf den Bosporus samt seiner beeidruckenden
Sehenswürdigkeiten und speichert den Moment der sensationellen Hafeneinfahrt auf
ewig ab. Bei allem was hinter mir liegt ein wahrhaft erhabener und auch sentimentaler Moment!
Das letzte Ziel und ein letztes großes Highlight einer
ungewöhnlichen Reise ist somit endlich erreicht und das Beste kommt zum Schluss. Im
kleinen Kaff Istanbul - 15 Mio. Einwohner oder mehr - landete ich geographisch
derart glücklich, dass ich nach kurzer Absprache, 5 Minuten und 3x abbiegen
einen besonders wichtigen Teil dieser Reise wiederfand - meinen für immer
verloren geglaubten Reisepartner Andal! Im Gegensatz zu mir musste er sich rund
3 Stunden durch diese gigantische Stadt mühen. Wurscht! Ende gut, alles gut!
Schräger Trip! :) Oder?!
In ein paar Tagen fahren wir Richtung Autozug und am 10.09.
sollten wir wieder in Avusturya (Österreich) sein. Fürs Erste heißt es hier
also Ende der Geschichte, bis bald! Kufstein, wir kommen - Ich freue mich auf
Euch :)
|
Meine Ersatzfamilie :) |
|
Danke für alles! |
|
Lecker Bierschen :) |
|
7 Tage krank und ein bißchen reisemüde |
|
Ich nenne dieses Bild "Sommer in Österreich", ich kam gerade noch davon |
|
Irgendwo da drüben ist Yenikapi/Istanbul |
|
Pole Position auf der Fähre, ab zum Bosporus! |
|
Istanbul/Europa/Andal, ich komme!!! |
|
De Buam, nach 3 Wochen wieder vereint! |
|
irgendwoher kenn ich den, lange nicht geshen! :) |
|
Hagia Sophia |
|
Hagia Sophia |
|
Blick aus der Hagia Sophia auf die Blaue Moschee |
|
Ausblick von unserer Dachterrasse (Bosporus) |
|
Fat Boy Slım |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen